Leuchtturm 1917 oder: Warum sich mein Bild über den heiligen Gral der Notizbücher verändert hat.

Im Bereich Bullet Journal Notizbücher gilt das Leuchtturm 1917 als der heilige Gral. Ich hatte selbst immer Notizbücher dieser Marke, weil ich nichts anderes kannte. Ich habe mein Bild zwar schon eingeordnet als ich über den Almanach geschrieben habe, aber neben dem moralischen Aspekt der Produktionskosten und der Gegenüberstellung mit den Einnahmen, die dadurch erzielt werden, gibt es noch andere Aspekte, die ich im Auge hatte.

Dazu gehören:

  • Papierqualität
  • Einband
  • “Froschtasche”
  • Seitenzahlen und Aufbau
  • Farbauswahl
  • Preis-Leistung

Kommen wir nun also zur Papierqualität. Das war für mich im Vergleich mit dem Almanach der erste Schock. Ich benutze schon lange Notizbücher von Leuchtturm und wenn man nichts anderes kennt, ist die Qualität auch nicht so übel. Nur um es gleich vorweg zu nehmen. Ich möchte Leuchtturm nicht per se schlecht machen. Das Papier kommt mit einer Stärke von 80 gr./m2. Für normale Notizen mit einem Kugelschreiber ist das ok und so nutzen die meisten Menschen das Leuchtturm 1917 ja auch. Bereits aber beim Füller erkennt man auf der nächsten Seite bereits ein Ghosting, also ein Durchscheinen. Beim Bullet Journaling arbeitet man meist mit einem schwarzen Fineliner und da hat man dann je nach Marke schon echte Probleme.

Das nächste Thema ist der Einband. Wenn ich mir meine Leuchtturm-Notizbücher anschaue, bin ich an dem echt ganz zufrieden. Die meisten meiner Notizbücher haben nur ein paar Monate gehalten. Aber nicht weil die Qualität des Buches so schlecht war, sondern weil ich so viel schreibe. Mein Leuchtturm von Juli 2020 ist jetzt voll. Ja tatsächlich einen Monat und zwei Tage, so viel ist in meinem Kopf passiert und so viel musste ich schreiben. Für mich war das aber nicht nur mein Bullet Journal diesen Monat, sondern auch mein Tagebuch und an manchen Tagen habe ich einfach unfassbar viel geschrieben. Das hat es aber einfach gebraucht. Also kurzum, der Einband ist bei diesem Notizbuch wirklich nicht allzu schlecht, aber auch nichts Besonderes.

Die sogenannte Froschtasche ist eine Tasche hinten im Einband, in der man Dokumente wie Kassenzettel lagern kann, damit sie nicht verloren gehen. Wie ich im Beitrag zum Almanach schon einmal gesagt habe, sehe ich den positiven Effekt dieses Goodies nicht. Man will uns dazu verleiten, das Notizbuch vollzustopfen und verkürzt damit die Lebensdauer entscheidend. Geht es nach der Verarbeitung, kann man auch hier nicht meckern, aber ich bin einfach kein Fan davon. Meine Tendenz geht eher dahin einzelne Zettel in meine Log zu übertragen und das sobald ich sie habe und dann zu vernichten und sollte es doch mal nicht anders gehen, klemme ich den einzelnen Zettel mit einer Büroklammer auf meine Seite vom Daily Log.

Die Seitenzahlen werden von Leuchtturm vorgegeben, was ich eine extreme Einschränkung finde. Ich kann im Almanach unten auf der Seite die Seitenzahlen selbst festlegen. Das macht es zum Beispiel möglich jeden Monat einzeln mit einem Index zu versehen und einzeln durchzunummerieren. Man kann Leuchtturm an dieser Stelle aber noch nicht einmal einen Vorwurf machen, weil die meisten es nicht anders kennen.

Zur Farbauswahl: Hier finde ich das Leuchtturm 1917 sehr auffällig im positiven Sinne. Es gibt ein breites Spektrum der Einbandfarben. Von Standardfarben, wie schwarz, gelb, grün, blau und rot, über jetzt auch gold, silber und Kupfer, gibt es seit einiger Zeit auch Pastellfarben. Leuchtturm kommt damit vielen entgegen und niemand kann sagen, dass es seine Farbe in dem breiten Spektrum nicht geben würde.

Wie sehe ich das Leuchtturm also insgesamt? Ambivalent. Das Papier ist ok, die Froschtasche nicht nötig, die Farbauswahl besonders breit, aber mehr als ein Standard-Notizbuch ist das Leuchtturm 1917 einfach nicht. Es hat keinen besonderen Spirit, wie ihn der Almanach hat. Diesen Anspruch stellt Leuchtturm aber tatsächlich. Auf der Internetseite ist davon die Rede, dass höchste Qualität bis ins Detail durchdacht ist. Ich will das hier nicht schlecht reden. Jeder möchte von seiner Arbeit leben können, so auch die Mitarbeiter der Firma Leuchtturm. Das ändert aber nichts daran, dass die knapp 20 Euro für ein Notizbuch in dieser Qualität einfach nicht gerechtfertigt sind. Hier zählt nur der Profit.

Warum ich das so kritisch sehe? Ganz einfach. In meinen Notizbüchern steht nicht irgendwas. Sie enthalten meine persönlichsten Gedanken, mein Bullet Journal, meine Seele. Mein Notizbuch ist das Privateste was ich habe. Es soll besonders sein und nicht nach einigen wenigen Monaten auseinander fallen. Der Materialeinsatz und die Leistung, die man dafür bekommt stehen nicht miteinander in Relation.

Was soll mein Artikel sagen? Ich will die Firma Leuchtturm hier nicht beleidigen. Ich will zeigen, dass Dinge, die als Maßstab gesehen werden nur solange gut sind, oder sogar überragend, solange man nichts besseres kennt und nicht über den Tellerrand schaut. Nur wenn man weiterdenkt, wird man merken, dass nichts das Nonplusultra sein kann. Auch hier ist für mich immer wieder nicht, nicht Standard zu sein, sondern besonders. Und besonders sind die Leuchtturm-Notizbücher eben nicht, sondern Standard.

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